Tiefe Venenthrombose und Lungenembolie

Bei der Therapie der Thrombose ist eine exakte Diagnostik und frühzeitige Therapie für den Behandlungserfolg entscheidend. Für die genaue Diagnose sind eine besondere Erfahrung mit der Ultraschall-Untersuchung der Beinvenen und ein hochauflösendes Ultraschallgerät erforderlich.  In der Behandlung der tiefen Venenthrombose (TVT) gilt es vor allem das Thrombus-Wachstum zu stoppen und eine lebensbedrohliche Lungenembolie zu vermeiden. Und es sollen dauerhafte Schädigungen am tiefen Venensystem verhindern werden. Eine rasche Diagnose und Einleitung einer speziellen gerinnungshemmenden medikamentösen Therapie ist in der akuten Phase für die langfristige Prognose besonders wichtig. Die Behandlung besteht aus einer angepassten gerinnungshemmenden Medikation und Anlage eines medizinischen Kompressionsstrumpfes. Die Patienten sind damit mobil, die Behandlung kann fast immer ambulant erfolgen. Im weiteren Verlauf erfolgen auf den Einzelfall abgestimmte engmaschige Ultraschallkontrollen. Die Dosierung der Medikation und die Einnahmedauer werden nach der Entwicklung des Thrombosebefundes und dem individuellen Risiko angepasst.

Löst sich ein Teil des Thrombus ab, wird dieser mit dem Blutstrom in das rechte Herz geschwemmt und verursacht eine Lungenembolie. Die Ausprägung und der Schweregrad einer möglichen Lungenembolie ist direkt abhängig von der Größe bzw. Fragmentierung des Thrombus und vom Zeitpunkt der Diagnose und dem Behandlungsbeginn. Je früher eine Behandlung einsetzt, umso schneller kann ein weiteres Wachstum des Thrombus verhindert werden. Eine kleine Thrombose in einem frühen Stadium ist weitaus weniger gefährlich. Sind bereits größere tiefe Venen thrombosiert, kann ein entsprechend großes Gerinnsel eine lebensgefährliche Lungenembolie verursachen. Die Lungenembolie ist die schwerwiegendste akute Komplikation der tiefen Venenthrombose.

Wenn sich die Thrombose nicht wieder auflösen lässt, bleiben meist ältere Anteile des Gerinnsels an Ort und Stelle und behindern dauerhaft den regelrechten venösen Blutstrom. Die Venenwand verdickt, vernarbt und die feinen Venenklappen werden in ihrer Ventilfunktion gestört. Es bestehen dann dauerhafte Schädigungen des tiefen Venensystems. Diese Schäden entstehen vor allem, wenn die Thrombose nicht erkannt wird und die Therapie zu spät einsetzt.

Dauerhafte Schäden am tiefen Venensystem werden unter dem medizinischen Begriff des postthrombotischen Syndroms zusammengefasst. Eine Rückstauung des Blutes in das tiefe Venensystem des Unterschenkels ist die Folge. Häufig verbunden mit einer chronischen Schwellneigung der Beine, einer Ausbildung von vermehrter Venenzeichnung und Dunkelverfärbung der Haut, der sog. Stauungsdermatose.

Der sofortige Beginn einer gerinnungshemmenden Therapie hat somit oberste Priorität. Glücklicherweise stehen heutzutage mehrere moderne gerinnungshemmende Substanzen für eine ambulante Therapie zur Verfügung. Entscheidend sind zuverlässige Plasmaspiegel - eine ausreichende Wirkstoff Konzentration im Blut - denn nur dann kann weiteres Wachstum des Thrombus verhindert werden.  Gleichzeitig muss eine zu hohe Dosierung der Medikamente vermieden werden mit der Gefahr von spontanen Blutungen. Denn bei einer Einnahme einer gerinnungshemmenden Medikation ist das Blutungsrisiko bei alltäglichen Verletzungen erhöht. Für die individuelle Einstellung und Überwachung sind Bestimmungen der D-Dimere ratsam. D-Dimere sind Fibrinspaltprodukte, die bei frischen Thrombosen im Blut in erhöhter Konzentration nachweisbar sind und sehr gut mit dem Schweregrad korrelieren. Bei erhöhten D-Dimeren ohne Nachweis einer Thrombose im Ultraschallbild ist eine Kontrolle empfehlenswert. Mit der Bestimmung kann die Ausdehnung einer Thrombose bzw. ob es sich um einen frischen oder älteren Befund handelt, besser eingeschätzt werden.  Der Verlauf des Parameters ist hilfreich für die Beurteilung der Wirksamkeit der gerinnungshemmenden Medikation. Eine Kontrolle der Nierenfunktion kann die Diagnostik ergänzen, denn viele blutverdünnenden Medikamente werden über die Nieren ausgeschieden. Eine Kenntnis der Nierenfunktion ist für die genaue Dosierung dieser Substanzen wichtig. Manche Medikamente werden entsprechend des Körpergewichts dosiert. Laborkontrollen erleichtern grundsätzlich die Einstellung der längerfristigen Medikation, das Monitoring der Therapie und helfen uns bei der sonographischen Interpretation der Befunde.

Mit der Laborpraxis Dr. Maximilian Kittel (Nachfolger von Dr. Thomas Wüst) stehen uns neben einer rasche Ermittlung relevanter Laborparameter auch die Expertise in Diagnostik und Therapie von Gerinnungsstörungen zur Verfügung.

Die Therapie der Thrombose ist fast immer ambulant möglich und erfolgt modernen gerinnungshemmenden Medikamenten mit gezielter Hemmung des Faktors X a der Blutgerinnung. Der Faktor X der Blutgerinnung im aktivierten Zustand wird als Faktor X a abgekürzt. Die Blutgerinnung ist ein komplexer Vorgang, bei dem die Gerinnungsfaktoren nacheinander kaskadenförmig und schrittweise aktiviert werden. Alle Gerinnungsprozesse münden in die Aktivierung des Faktors X. Dieser Blutgerinnungsfaktor aktiviert in der nächsten Reaktion der Blutgerinnung schließlich den Faktor II (Prothrombin) zu Faktor II a (Thrombin), das letztlich das zentrale Enzym in der Bildung eines stabilen Blutgerinnsels darstellt.

Bei den heute zur Verfügung stehenden Medikamenten wird unterschieden zwischen der Gruppe der niedermolekularen Heparine (z.B.:  Clexane®, Innohep®, Fraxiparin®, Monoembolex® und weitere Präparate) und dem hierzu synthetischen Präparat Fondaparinux (Arixtra®). Diese Medikamente können nur als Bauchspritze parenteral verabreicht werden. Zusätzlich stehen weitere Gerinnungshemmer in Tablettenform zu Verfügung. Diese Medikamente werden als DOAK (Abkürzung für direkte orale Antikoagulantien) bezeichnet und können in Tablettenform oral verabreicht werden. Eine Kontrolle der Wirkung durch ständige Laborkontrollen ist nicht zwingend notwendig. Es stehen die Präparate Rivaroxaban (Xarelto®), Apixaban (Eliquis®), und Edoxaban (Lixiana®) zur Verfügung. Diese hemmen selektiv den zentralen Faktor X a der Blutgerinnung. Mit dem Medikament Dabigatran (Pradaxa®) steht ein weiteres Präparat zu Verfügung, welches eine Hemmung des Faktor IIa Thrombin bewirkt. Thrombin ist das Endprodukt der enzymatischen Reaktionskette bei der Blutgerinnung. 

Viele Jahre wurden in der Behandlung der tiefen Venenthrombose sog. Vitamin K-Antagonisten (z.B.: Marcumar®) verwendet.  Vitamin K-Antagonisten werden als Tablette eingenommen und bewirken eine Hemmung der Synthese verschiedener Gerinnungsfaktoren in der Leber. Der Medikamentenspiegel muss individuell dosiert werden. Die Wirkung kann auch durch die Ernährung beeinflusst werden, z.B. durch den Vitamin K Gehalt der Nahrungsmittel. Die Medikamentenwirkung muss durch regelmäßige Laboruntersuchungen (Kontrolle des INR-Wertes, früher Quick-Wert) überwacht werden. Dies ist bei der erstmaligen Einstellung und bei einer dauerhaften Einnahme unerlässlich, um falsche Dosierungen und Risiken zu vermeiden. Bei Unterdosierung besteht kein ausreichender Gerinnungsschutz, bei zu hoher Dosierung die Gefahr von spontanen Blutungen. Eine Kontrolle der Gerinnungswirkung ist bei Einnahme der Gerinnungshemmer neuer Generation, den NOAK und auch bei Bauchspritzen, nicht notwendig.

Grundsätzlich gilt, dass gerinnungshemmende Medikamente sorgfältig ausgewählt werden müssen. Die Dosierung muss eventuell nach Befund und Verlauf angepasst werden. Alle Patienten sollten auf die Besonderheiten der Einnahme und der Anwendung hingewiesen werden, um unerwünschte Nebenwirkungen zu vermeiden. Vor allem sollte über die Gefahren der Therapie, wie spontane Blutungen, eine verstärkte Blutung bei Verletzungen, hingewiesen werden.

Neben der medikamentösen Therapie ist bei der tiefen Venenthrombose eine sofortige Kompressionstherapie mit einem oberschenkellangen angepassten medizinischen Kompressionsstrumpf wichtig. Dadurch wird der venöse Blutstrom im tiefen Venensystem unterstützt. Die tiefen Venen werden komprimiert, die Schwellneigung der Beine reduziert, die Fließgeschwindigkeit des Blutes erhöht. In unserer Praxis ist eine sofortige Versorgung mit medizinischen Kompressionsstrümpfen durch das Sanitätshaus Storch und Beller (früher Sanitätshaus Heintz), direkt im Gebäude und auf gleicher Etage möglich.

Vor Beendigung der medikamentösen Therapie sollte das individuelle Risiko einer Rezidiv-Thrombose eingeschätzt werden. Vor allem bei spontan aufgetretenen Thrombosen, ohne Vorboten und fehlenden Risikofaktoren oder Begleiterkrankungen. Bei einem erhöhten Thromboserisiko, bei dauerhafter Hormoneinnahme (Pille), häufigeren Thromboseereignissen oder bekannter familiärer Thromboseneigung. In diesen Fällen sind ergänzende Laboranalysen zur Abklärung einer angeborenen oder erworbenen Thromboseneigung ratsam. Diese Laboruntersuchung wird als Thrombophilie-Diagnostik bezeichnet. Der Test untersucht, ob eine erworbene Gerinnungsstörung (z.B.: Anti Phospholipid Syndrom) oder eine genetische Veranlagung zur Thrombose nachweisbar ist. Die häufigsten angeborenen Gerinnungsstörungen betreffen den Gerinnungsfaktor V (sog. Faktor V Leiden Mutation / APC-Resistenz) nachweisbar bei ca. 5% der Bevölkerung, sowie den Faktor II (Prothrombin Mutation), hiervon sind ca. 2% der Menschen betroffen. Bezüglich dieser besonderen Fragestellung besteht eine Möglichkeit einer individuellen Konsultation und Risikoanalyse bei der Laborpraxis Dr. Maximilian Kittel.

Fachartikel von Dr. med. Thomas Weiler

Dr. med. Thomas Weiler

Facharzt für Chirurgie und Gefäßchirurgie, Phlebologie

Fachwissen:

  • Zusatzbezeichnung Notfallmedizin
  • Seit Januar 2005 niedergelassen als Gefäßchirurg in Pforzheim
  • 30 Jahre Erfahrung auf dem Gebiet der Gefäßchirurgie und Phlebologie
  • Ausbildungsermächtigung Fachgebiet Phlebologie
  • Endovenöse Therapieverfahren (ELVeS Radial Laser, Venefit/VNUS closure fast, Celon-Verfahren/RFITT)
  • Nationale und internationale Vorträge
  • Fortbildungszertifikat Phlebologie
  • Weiterbildungsermächtigung Phlebologie

Mitgliedschaften:

  • Berufsverband der deutschen Chirurgen (BDC )
  • Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie ( DGG )
  • Deutsche Gesellschaft für Phlebologie ( DGP )
  • Berufsverband der Phlebologen (BVP)
  • Mitglied im Vorstand des Berufsverbandes der Phlebologen
  • American Vein & Lymphatic Society
  • Mitglied im Vorstand AG Endovenöse Therapieverfahren, (DGP)
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